Am vergangenen Mittwoch (30. Juni 2018) habe ich ein Radiointerview mit dem Küchenchef des Bundespräsidenten Jan-Göran Barth gehört (Sendung WDR2 Jörg Thadeuz). Er berichtete von den Kriterien zur Auswahl der Gerichte und Lebensmittel im Schloss Bellevue: es werden ausnahmslos Lebensmittel aus Deutschland verwendet. Damit fällt die Zitrone als Säureträger und Würzmittel von Speisen (Holz-Element) weg, Essig ist manchmal zu intensiv. Jan-Göran Barth greift in dem Fall auf Verjus zurück.
Verjus ist der Saft von unreifen Trauben, die zurückbleiben, wenn Winzer Reben ausdünnen. Er ist ein traditionelles Säuerungsmittel, was heute noch in Ländern wie der Türkei, Griechenland und Persien verwendet wird. Sein Geschmack ist abhängig von der verwendeten Rebsorte. Besonders hochwertig ist die kaltsterile Abfüllung, da hierbei nicht pasteurisiert wird. Man bekommt ihn in Feinkostläden, bei türkischen (als Koruk Suyu) oder griechischen (als Agourida) Einzelhändlern oder bei Winzern. Der Preis reicht von 3 EUR pro Flasche bis hin zu 60 EUR bei sortenreinen hochwertigen Winzererzeugnissen. Geöffneter Verjus ist etwa vier Wochen haltbar. Man kann ihn portionsweise als Eiswürfel einfrieren.
Wie Essig, wird Verjus auch als Heilmittel zur Verdauungsunterstützung besonders nach fettigem Essen, als Magentherapeutikum und Durstlöscher verwendet, ganz im Sinne des Holz-Elementes in der TCM. Das und viele andere medizinische Anwendungen kannten schon die alten Griechen. Da Verjus im Gegensatz zu Essig histaminfrei ist, ist er eine bekömmliche Alternative für diejenigen, die sich histaminarm ernähren müssen.
Beim Kochen werden nur ein paar Tropfen zu Suppen, Soßen, Gemüse oder Desserts dazu gegeben oder er wird zum Marinieren von Fleisch oder Ablöschen von Saucen verwendet, wenn man ohne Alkohol kochen möchte.
Ich finde es immer wieder spannend wie eng Geschmack und Wirkung von Lebensmitteln beieinander liegen.